Stolze Zwischenbilanz der Aktion „Unvergessen“ von Radio Andernach
Soldaten s(p)enden für Soldaten
von Helmut Michelis
Soldaten senden für Soldaten – und beweisen dabei ihr großes Herz für einsatzgeschädigte Kameradinnen und Kameraden und deren Angehörige: „Unvergessen“ heißt die Aktion, die die Einsatzredaktion ISAF von Radio Andernach deshalb 2014 ins Leben gerufen hat. Aus einer spontanen Idee wurde eine echte Erfolgsstory: Mehr als 188.000 Euro sind seitdem an Spenden zusammengekommen.
Die Beteiligung an ISAF, der International Security and Assistance Force in Afghanistan, war der bislang größte Einsatz in der Geschichte der Bundeswehr. Radio Andernach ist als Truppenbetreuungssender der Bundeswehr die Brücke zwischen Einsatzland und Heimat; der Name bezieht sich auf den ersten Standort der „Rundfunk-Soldaten“.
Oberstabsfeldwebel Thomas Dücker, zurzeit im Bezirkspersonalrat beim Kommando Cyber und Informationsraum der Bundeswehr in Bonn, erinnert sich an die Anfänge beim letzten Kontingent ISAF in Masar-i-Scharif: „Gerade stand der Kontingentwechsel an. Mein Vorgänger und ich überlegten, was wir mit der halbleeren Spendenbüchse für das Bundeswehr-Sozialwerk machen sollten, die auf einem der Schreibtische stand. Wir entschieden uns: Die machen wir jetzt richtig voll!“



Die Zielgruppe war auch sofort klar: Gefallene, Versehrte und Verwundete dieses Einsatzes, an dem seit 2002 mehr als 150.000 Bundeswehr-Soldaten teilgenommen haben, sowie ihre Familien. „Wir haben besonders an diejenigen gedacht, für die offizielle Hilfe nicht so einfach greift, zum Beispiel die unverheiratete Freundin eines Gefallenen, die plötzlich mit leeren Händen dasteht. Und da war für uns das Bundeswehr-Sozialwerk der ideale Partner. So konnten wir sicher sein, dass die volle Spendensumme ohne Abzüge den Betroffenen zugutekommt. Auch war uns klar: Das BwSW hat den Überblick über diese ganzen Fälle und weiß am besten, wo schnelle, unbürokratische Hilfe nötig ist.“
Gemeinsam mit Oberleutnant zur See Christoph Jan Longen setzte Dücker den Gedanken sofort um und gewann Brigadegeneral Harald Gante als Schirmherrn. Gante, heute Generalmajor und Kommandeur der 10. Panzerdivision in Veitshöchheim, war der letzte deutsche Kommandeur von ISAF, der dann im Rahmen der Nachfolgemission „Resolute Support“ das TAAC North führte. TAA steht für Train, Advise and Assist, also Ausbildung, Beratung und Unterstützung, das C für Command.
„Wir sind ab jetzt käuflich“, machte der Truppenbetreuungssender deutlich, soll heißen: Jeder noch so ungewöhnliche Musikwunsch wurde verwirklicht – aber nur gegen eine Spende. Thomas Dücker: „So waren wir 2015 in der Karnevalszeit 36 Stunden lang live auf Sendung und haben allein dadurch stolze 20.000 Euro einsammeln können.“ Aus Deutschland waren Grußbotschaften inklusive Musikwunsch nach Afghanistan möglich. Und über verschiedene Dienststellen im Inland kamen tausende Euro hinzu.
An originellen Einfällen mangelte es den Rundfunk-Soldaten nicht. „Für Geld waschen wir eure Dienstfahrzeuge“ war einer davon. Weitere Soldaten, darunter sogar die Truppenpsychologin, stellten sich spontan als Personal zur Verfügung. Als im Feldlager dann sogar ein riesiger 100-Tonnen-Kran anrollte, wurde den Amateur-Autowäschern dann doch zunächst etwas mulmig. Aber versprochen war versprochen, und für den blitzsauberen Kran gab es am Ende eine angemessene Spende von 200 Euro.






Jedes darauffolgende Radio-Andernach-Kontingent bei Resolute Support hat die Aktion mit viel Engagement weitergeführt, so auch das Team um Hauptfeldwebel Tobias Hennig. Er konnte am Ende seines Einsatzes eine fünfstellige Summe auf das Konto des Bundeswehr-Sozialwerks überweisen, unter anderem durch den Vertrieb spezieller Kontingent-T-Shirts. „Die belgischen Soldaten haben beispielsweise gleich 50 Stück davon gekauft, ein schönes Beispiel für die multinationale Kameradschaft“, betont Hennig. „Viel Geld ist dadurch zusammengekommen, dass Einheiten, die den Einsatz beendeten, uns den Restbetrag in ihren Kaffeekassen überlassen haben. Da sind in manchen Fällen bis zu 300 Euro gespendet worden.“


Auch in der Heimat hatte die Aktion ein sehr positives Echo, zum Beispiel 2015 bei einem „Dixieland-Lunch“ in Eltville, bei dem 27.500 Euro übergeben wurden, oder bei Weihnachtsmärkten, Betreuungsnachmittagen und Basaren. Sogar die Unterstützung vierbeiniger Fotomodelle gibt es seit 2016: Die in Ulmen in der Eifel stationierte Schule für Diensthundewesen der Bundeswehr gibt einen jährlichen Wandkalender heraus, dessen Erlös zum Teil der Aktion „Unvergessen“ zugutekommt. Der Kalender bildet beindruckende Fotomotive von der Ausbildung bis zum Einsatz der Hunde ab und ist daher sehr beliebt, auch für 2021 war er schnell wieder vergriffen.
Die aktuelle Zwischenbilanz von mehr als 188.000 Euro hat Hennig positiv überrascht. „Das freut mich sehr. Das Geld geht doch genau zu den Menschen, die davon profitieren sollen.“ So hat das Bundeswehr-Sozialwerk über „Unvergessen“ den Eltern eines Stabsunteroffiziers, der nach drei Auslandseinsätzen anerkannt wehrdienstbeschädigt und nicht mehr dienstfähig ist, gemeinsam mit ihm einen zweiwöchigen Urlaub in einer Erholungseinrichtung des BwSW ermöglicht. Die erschöpften Eltern, die ihren ledigen Sohn aufopferungsvoll pflegen, benötigten dringend eine solche „Auszeit“ vom Alltag. Auch die Familie eines Stabsfeldwebels, der seit einem Einsatz an einer schweren Posttraumatischen Belastungsstörung leidet und zudem durch nicht abgedeckte Pflegekosten hoch verschuldet ist, wurde unterstützt – zwei Beispiele von vielen, bei denen die Spenden Leid lindern halfen.


Zeitgleich waren bis zu 5.500 deutsche Soldaten in Afghanistan stationiert, eine Zahl, die inzwischen auf eine dreistellige geschrumpft ist. Dem hat Radio Andernach Rechnung getragen und seine Einsatzredaktion auf ein kleines Korrespondententeam reduziert. Damit stagniert aber nicht die Aktion „Unvergessen“. Weiterhin sammeln Kameraden vor Ort in Afghanistan für diese Aktion. So werden beispielsweise am 13. Februar 2021 knapp 20 Teams à 10 Soldaten ihre Allschutz-Transport-Fahrzeug Dingo 59 Meter weit um die Wette ziehen. Zum Gedenken an 59 Kameraden. Bei diesem Event werden auch wieder Spenden für die Aktion "Unvergessen" gesammelt.
BwSW Spendenkonto Auslandseinsatz
Wenn auch Sie dazu beitragen wollen, dass Gefallene, Versehrte und Verwundete dieses Einsatzes und ihre Familien „Unvergessen“ bleiben, können Sie auf das unten angegebene Konto spenden.
BwSW Spendenkonto Auslandseinsatz
Bankleitzahl: 37050198
Kontonummer: 301333
Verwendungszweck: Unvergessen
IBAN: DE31 3705 0198 0000 3013 33
BIC: COLSDE33