Nach Hause kommen im sonnigen Südtirol
Das Haus Tiefenbrunn in Algund lädt die BwSW-Mitglieder seit 50 Jahren zur Erholung ein
Von Helmut Michelis
Mit dem mächtigen Nachbarn ein paar hundert Meter entfernt kann das Haus Tiefenbrunn des Bundeswehr-Sozialwerks (BwSW) im südtirolerischen Algund auf den ersten Blick nicht konkurrieren:

Das berühmte Schloss Tirol, das der gesamten Region einst den Namen gab, ist mehr als 1.000 Jahre älter und bietet ungleich mehr Platz, wenn auch bei weitem nicht so viel Komfort. Doch das Haus Tiefenbrunn mit sechs Ferienwohnungen, soeben stolze 50 Jahre jung geworden, ist ein gutes Beispiel für das Erfolgsrezept bei den Erholungsangeboten des BwSW: Bewährtes wird mit Neuem kombiniert, Schlichteres und Bodenständiges mit Exklusivität und einem Hauch von Luxus.

„Früher sind die Eltern mit ihren Kindern hergekommen, mittlerweile kommen die Kinder mit ihren Kindern“, berichtet Claudia Ladurner. Die gebürtige Meranerin betreut das Haus in Algund bereits seit 1999 und begrüßt einige der kleinen Stammgäste heute als Erwachsene, was sie ganz besonders freut. „So manche Mädchen und Jungen aus Norddeutschland haben hier Skifahren gelernt. Viele sagen, sie fühlten sich im Haus Tiefenbrunn inzwischen wie zu Hause. Während der Corona-Beschränkungen habe ich etliche Mails und Anrufe bekommen, das alles ist ein großes Kompliment für mich“, sagt die Geschäftsführerin, die gelernte Lohnbuchhalterin ist, zurzeit auf dem heimischen Hof als Bio-Bäuerin arbeitet und sich ehrenamtlich als Rettungssanitäterin engagiert. „Die Betreuung der Ferienwohnungen ist dazu ein schöner Ausgleich. Ich liebe diese Arbeit.“

Das nimmt man ihr sofort ab, wenn sie begeistert über das Haus – „das mein Baby ist“ – und dessen Stammbesucher berichtet, zum Beispiel über ein Ehepaar Mitte 80 aus Berlin, das bislang regelmäßig mit dem Zug und dem Bus angereist ist. Das sei den beiden nun zu beschwerlich geworden. „Ich habe ihnen empfohlen, demnächst mit dem Flugzeug zu kommen. Die Flugverbindungen nach Bozen sind aus Deutschland mittlerweile gut ausgebaut worden. So sehe ich sie hoffentlich bald wieder. Ich werde sie dann auch ausnahmsweise am Flughafen oder am Bahnhof abholen, weil sie mir ans Herz gewachsen sind.“

Im Jubiläumsjahr ist das Haus Tiefenbrunn – eigentlich als normales Wohnhaus geplant, aber nach Fertigstellung sofort vom BwSW gepachtet – im direkten Wortsinn auf den Hund gekommen: Erstmals sind die zwei Ferienwohnungen in Parterre jetzt für Mitglieder mit bellender Begleitung freigegeben worden. Auch für diese vierbeinigen Gäste hat Claudia Ladurner ein Herz, besitzt sie doch selbst mit Aiko und Candy einen Golden Retriever und einen munteren Mischling. Die sechs Ferienwohnungen, ein ideales Sprungbrett für Ausflüge in die Region bis hin zum Gardasee, Verona oder Venedig, sind selbstverständlich mehrfach modernisiert worden. Im Sommer 1972 wurde zur Eröffnung noch damit geworben, dass pünktlich zu den Olympischen Spielen in München ein Fernsehapparat angeschafft werde – für alle Gäste des Hauses in einem Gemeinschaftsraum im Keller und noch mit Schwarz-Weiß-Bildschirm. Heute gehört in jeder Wohnung selbstverständlich ein Farbfernseher ebenso dazu wie eine moderne Küche und ein vor wenigen Jahren komplett renoviertes, großzügiges Badezimmer.

Großzügig ist das Stichwort: Mit bis zu 86 Quadratmeter sind die Wohnungen ungewöhnlich geräumig. „Es gibt hier kein schöneres Angebot in dieser Kategorie“, betont die Geschäftsführerin, die beim Durchlesen des „Schlagerangebots 1972/1973 für Südtirol“ im Mitgliedermagazin des BwSW schmunzeln muss. Da werden zum Beispiel die pflegeleichten Böden besonders gelobt, „so dass die Hausfrau keine allzu große Arbeit mit dem Saubermachen hat“. Die schon damals großzügigen Kurmöglichkeiten im unmittelbar benachbarten Meran seien, so heißt es weiter, gut gegen „die Leiden des Greisenalters“.
Das trifft auch heute noch zu (wobei es sprachlich eleganter beworben wird), ebenso wie die beschriebene herzliche Gastfreundschaft der Südtirolerinnen und -tiroler, für die Claudia Ladurner das beste Beispiel ist. Doch längst haben auch die Jüngeren dieses Ferienangebot für sich entdeckt. „Vermutlich durch die Pandemie kommen deutlich mehr junge Familien, die früher Pauschalreisen in ferne Länder gebucht haben. Sie sind dann ganz überrascht, was Südtirol zu bieten hat“, berichtet die 56-Jährige. „Kinder dürfen noch Kind sein und auch unsere Wiese am Haus zum Fußballspielen nutzen“, sagt die Geschäftsführerin. Das war vor 50 Jahren zunächst streng verboten: „Eine Liegewiese wird neu angelegt und bedarf in den ersten Monaten noch äußerster Schonung“, heißt es mahnend in der Beschreibung.

Wer sich in Algund langweile, sei selber schuld, meint die Südtirolerin, die bereits als Jugendliche im Haus Tiefenbrunn mitgeholfen hat. Unter dem Titel „Kraxln & Äktschn“ wird ein spezielles Kinderklettern angeboten, das Tourismusbüro hat ein „Wanderzwerge-Netz“ eingerichtet: Wer eifrig Stempel sammelt, erhält am Ende einen Preis, einen kleinen Rucksack zum Beispiel. Von A wie Apfellehrpfad bis Z wie Zahnradbahn reicht die Freizeitpalette für Jung und Alt; mit einem Gästepass dürfen unter anderem alle Bus- und Bahnverbindungen der Region kostenlos genutzt werden, berichtet die 56-Jährige.
Aber auch die bereits vor einem halben Jahrhundert beliebten Freizeitangebote wie Wandern, Bergsteigen, Wildbeobachtung, Freibadbesuch oder Weinprobe sind zeitlos aktuell. „Algund ist ein blühendes Gartendorf“, schwärmt Claudia Ladurner. Die gewaltigen Berge des Naturparks Texelgruppe, die kalte Winde von Norden her abschirmen, und die stete warme Brise vom Mittelmeer sorgten dafür, dass bereits Mitte März die Mandel- und Kirschbäume blühten. Im April sei die Apfelblüte, und im September färbe sich der Wald wunderschön bunt – gleich drei weitere Anlässe, einmal den junggebliebenen Jubilar Haus Tiefenbrunn zu besuchen.