Mehr Wohlbefinden und Lebensfreude

07. Juli 2021 News Reiseangebot Bereich Nord Bereich Ost Bereich Süd Bereich West

Der BwSW-Wochenkurs „Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion“

von Monika Himpler

Wir bewegen uns in einer schnelllebigen Zeit mit ständig neuen Herausforderungen. Sie zu bewältigen bedarf oft großer individueller Anstrengungen, die uns Grenzen der Belastbarkeit aufzeigen. Mutlosigkeit und Resignation sind nicht selten die Folgen dieser Stresserfahrungen.

Der Kurs „Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion“ (englisch MBSR Kurzform für Mindfulness-Based Stress Reduction) bietet eine Hilfestellung für den angemessenen Umgang mit Stress in einer leistungsorientierten und von hoher Erwartung an den Einzelnen geprägten Gesellschaft. Ziel der im Kurs vermittelten und leicht in den Alltag integrierbaren Übungen ist, über die Schulung einer bewussten Körperwahrnehmung die Sensibilisierung dafür zu erfahren, was körperliches und seelisches Wohlbefinden aus der Balance bringt und Lebensfreude trübt.

Achtsamkeit als „Liebesbeziehung mit dem Leben, mit der Schönheit des Seins“ (Kabat-Zinn)

Dementsprechend beschreibt Achtsamkeit einen Zustand, in dem ein Mensch sich selbst und seine Umwelt aufmerksam und unmittelbar erfasst, ohne von Gedankenströmen, Erinnerungen oder starken Emotionen abgelenkt zu sein. Achtsames Handeln ist maßgeblich geprägt von einer Fokussierung auf das Wesentliche. Der Begründer des MBSR-Programms, der amerikanische Molekularbiologe Prof. Dr. Jon Kabat-Zinn, definiert Achtsamkeit als „Bewusstheit, die sich dadurch einstellt, dass man mit Absicht und ohne zu werten, aufmerksam bei der sich in jedem Moment entfaltenden Erfahrung ist.“ Ausgehend von der durch ihn gegründeten Stress-Reduction-Clinic hat der visionäre Wissenschaftler zu einer wachsenden Bewegung beigetragen. Das Programm wird heute in der ganzen Welt gelehrt und u.a. in Institutionen wie Krankenhäusern und medizinischen Einrichtungen, Schulen und Unternehmen angewandt. Im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit begegnete Kabat-Zinn häufig Menschen mit chronischen Erkrankungen, die schulmedizinisch als austherapiert galten. Er suchte nach einem Weg, ihnen über die bloße Medikation hinausgehend neue Lebensqualität zu geben und hat ihn in der Entwicklung von Gewahrsein gefunden.

Gewahrsein entwickeln heißt wahrnehmen, was ist und damit sein, ohne es ändern zu wollen

Auch das Bundeswehr-Sozialwerk (BwSW) möchte seinen Mitgliedern dieses Training, dessen Wirksamkeit in vielen Studien nachgewiesen wurde, als Kursangebot zugänglich machen.

Die zertifizierte Kursleiterin der „Achtsamkeitsbasierten Stressreduktion“ Martina Kitowski hat in ihren Kursen häufig erlebt, wie befreiend das Erlernen von Haltungsänderungen für die Teilnehmenden sein kann. Wenn Situationen im privaten und beruflichen Kontext als problematisch und stressbelastet empfunden werden, lässt sich an der Situation selbst nicht immer etwas ändern. Aus dieser vermeintlichen Ohnmacht ergibt sich allerdings die individuelle Freiheit, die eigene Einstellung zu verändern, denn „wir haben keinen Einfluss darauf, vor welche Herausforderungen uns das Lebens stellt, aber wir haben Einfluss auf die Haltung, mit der wir ihnen begegnen.“ So formuliert es die erfahrene Achtsamkeitstrainerin in Anlehnung an Prof. Dr. Kabat-Zinn, um den eigenen Tunnelblick und selbstschädigendes Verhalten zu unterbrechen.

In der Schulung steht die Körperwahrnehmung im Fokus der Aufmerksamkeit. Unterschiedliche Übungen wie Body-Scan, sanftes Yoga, Atemübungen und Meditationen dienen als zentrale Pfeiler für eine Bestandsaufnahme der körperlichen und seelischen Befindlichkeit. Das Achtsamkeitstraining bietet ein Konzept der Hilfe zur Selbsthilfe, „die Praktizierenden erfahren Autonomie durch selbstbestimmtes Handeln“, wie Martina Kitowski es anschaulich formuliert. Dabei ist ein zentrales Element dieser intensiven Selbstbegegnung die Entwicklung von Selbstmitgefühl als Voraussetzung für einen verständnis- und liebevolleren Umgang mit sich selbst und anderen. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass Achtsamkeit kein vorübergehender Modetrend oder Hype ist, sondern eine umfassende Lebens- und Geisteshaltung.  

Die „BwSW okaY-Regenerationswoche“ für Bundeswehrfamilien

Dieses BwSW-Angebot offeriert der ganzen Familie eine Auszeit vom häufig stressbeladenen Alltagstrott. Die Teilnehmenden sollen sich während dieser besonderen Woche in ansprechender Umgebung gut aufgehoben fühlen. Ihre individuellen Anliegen und Bedürfnisse stehen für das begleitende Team im Fokus während der gemeinsamen Zeit. Da der Regenerationswoche ein familienorientierter Ansatz zugrunde liegt, sind die Programmpunkte vielfältig: moderierte Gesprächskreise, abwechslungsreiche Freizeitaktivitäten, bewährte Entspannungstechniken und kompetente Kinderbetreuung.

In den täglich stattfindenden meist zweistündigen Gesprächskreisen geht es um immer wieder auftauchende Themen des familiären Miteinanders, wie die gesunde Work-Life-Balance, Fragen zur Kindererziehung, zum Umgang mit Problematiken am Arbeitsplatz oder andere für die Teilnehmenden stressbelastete Themen. Neben einer theoretischen Einweisung werden dabei im Laufe der Woche ganz grundlegende Fragen geklärt: Was sind individuelle Stressoren, also Stressauslöser und worin bestehen die körperlichen Auswirkungen? Wie kann ein notwendiger Ausgleich oder eine kurzfristige Erleichterung in einer akuten Stresssituation herbeigeführt werden? Aber auch darüber hinausgehende vertiefende Kenntnisse zur Stressthematik werden vermittelt wie die Überprüfung eigener Einstellungen, Perspektivwechsel und die Entwicklung von Handlungsstrategien für eine zielorientierte Problemlösung.

Die positive Kraft der Gruppendynamik

Der ausgebildete und Bundeswehr externe Moderator dieser Gesprächskreise Michael Meyer, selbst Polizeibeamter mit einem großen Erfahrungsschatz aus der Stressprävention und den Angeboten der Polizei, betont die Bedeutsamkeit dieser Gesprächskreise, bei denen auf die Teilnahme als Paar viel Wert gelegt wird, während die Kinder und Jugendlichen in guten Händen sind. Der offene, vertrauliche Austausch sei eine wichtige Begegnung von Betroffenen, ersetze aber keine Beratung oder Therapie. „Wir geben Handlungsschemata, wie Menschen mit aufkommenden Stresssituationen besser zurechtkommen, auch wenn wir keine traumatischen Erlebnisse aufarbeiten“, so Michael Meyer. Hinzu komme die Kraft der Gruppendynamik, denn „keiner ist ein leeres Blatt. Auf dem Blatt stehen viele Stärken, die hervorzuheben Aufgabe des Moderators und der Gruppe ist.“ Die Erfahrung, mit einem individuellen Problem nicht allein zu sein, öffne Menschen, die sich ansonsten gerne mal „vergraben“.

Es geht also längst nicht nur um eine überprüfende Bestandsaufnahme eigener Lebensmuster, auch wenn dies der erste Schritt für eine gewünschte Veränderung ist, sondern um die Entdeckung, Wiederbelebung und nachhaltige Stärkung individueller Ressourcen durch Außenimpulse. Jeder Gesprächskreis wird durch Entspannungsübungen abgerundet, wobei sich beispielsweise die „Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen“ bewährt hat.

Der Konzeption der „BwSW okaY-Regenerationswoche“ liegt kein starres Gerüst zugrunde, denn dann könnte das Team nicht in der beabsichtigt flexiblen Weise auf die Bedürfnislage der Teilnehmenden reagieren. Einzelne Angebote können also erweitert oder vertieft werden, auch Einzelgespräche oder die Einbeziehung des Sozialdienstes sind möglich, falls dies gewünscht wird.

Neben diesem Gesprächsangebot für die Erwachsenen können alle von einem gemeinsamen interessanten Familien-Aktivprogramm, beispielsweise aus der Bewegungs-, Ergo- und Sporttherapie profitieren, bei dem auch das gemeinsame Urlaubserlebnis mit vielen schönen Erfahrungen nicht zu kurz kommt. Meyer konnte häufig feststellen, dass gerade diese Einbettung aller Teilnehmenden das Zusammenwachsen, aber auch (Selbst-) Vertrauen sowie kommunikative Kompetenzen fördert.