Keine Gnade für die Wade
Hinter den Kulissen
15 Radfahrerinnen und Radfahrer fahren alleine 850 Kilometer durch Deutschland? Ganz alleine? Nein, denn ein emsiges Organisationsteam plant und arbeitet still und leise hinter den Kulissen. Nach außen sind sie kaum wahrzunehmen, obwohl die Spendenradtour der Flugbereitschaft des Bundesverteidigungsministeriums ohne sie nicht funktionieren könnte. Dieser Artikel ist für dieses Team.
Es ist 5:30 Uhr, die ersten Fahrradfahrer schlurfen noch im Ruhemodus schlaftrunken über den Flur, angezogen vom Kaffeeduft aus der Teeküche. Der „Spieß“ hat ihn bereits vor einer halben Stunde aufgesetzt - Oberstabsfeldwebel Hans Holzmann. Er ist Staffelfeldwebel der 2. Technischen Staffel in der Flugbereitschaft und somit „Spieß“ - die sogenannte „Mutter der Kompanie“. Er ist der Organisator der Spendenradtour und hat ein erklärtes Ziel: die Radsportlerinnen und Radsportler sollen nichts weiter tun als zu Essen, zu Schlafen und zu Fahren. Schließlich sind die Etappen anstrengend genug. Dafür setzt sein Org-Team von morgens bis abends alle Hebel in Bewegung, um das möglich zu machen.
Während am Morgen das Fahrerfeld beim Frühstück in der Truppenküche sitzt, arbeitet das Org-Team bereits an den nächsten Schritten. Um 7:30 Uhr soll die nächste Spendenübergabe stattfinden. Bis dahin müssen die Transporter beladen sein, die Räder vorbereitet, die Stuben in der Kaserne abgegeben und natürlich die Spendenkasse sicher verwahrt werden.
Am Technikerfahrzeug stehen bereits Hauptfeldwebel Georg und Stabsunteroffizier Waldemar. Sie sind tagsüber immer in der Nähe des Fahrerfeldes, haben Pannenwerkzeug und Ersatzräder an Bord, aber auch Getränke und Verpflegung für unterwegs. So wäre zum Beispiel eine Spendenradtour ohne Eierwaffeln undenkbar. Für die Radfahrenden sind sie der gute Geist der Tour, der Hoffnungsschimmer bei Wind und Wetter, der Versorger in der Pause.
Anders verhält es sich mit dem Team um Oberstabsfeldwebel Eric Lisken. Sie verlassen die Kaserne am Morgen schon vor der Spendenübergabe. Ihnen bleibt kaum eine andere Wahl. Ihr Ziel ist es, pünktlich zur Mittagspause ein leckeres Mahl für die Sportlerinnen und Sportler zuzubereiten. Dazu müssen sie am Morgen noch einkaufen, gekochten Reis bei der Truppenküche abholen, einen geeigneten Punkt zur Mittagsverpflegung entlang der Fahrstrecke auskundschaften und rechtzeitig mit dem Kochen beginnen. Sie bekommen von der Tour vermutlich am wenigsten mit, sind aber trotzdem treibender Motor. Alleine ihre ausgekundschafteten Plätze gelten schon fast als eigenes Ausflugsziel. Auf dieser neunten Spendenradtour war die Mittagsstation am Seddiner See in Brandenburg beispielsweise ein echtes Highlight, abgeschieden und mit Liegewiese. Dass die Radfahrerinnen und Radfahrer im Anschluss nicht einfach liegen geblieben sind, zeugt umso mehr von ihrer Motivation.

Auf dem Zwischenstopp plant und kocht Hauptfeldwebel Robert die Verpflegung, Feldwebel Janine organisiert den Einkauf, Stabsunteroffizier Ines und Oberstabsgefreiter Viola sind Kraftfahrerinnen, unterstützen bei der Zubereitung und sorgen für den reibungslosen Auf- und Abbau der Mittagsstation. Einige glückliche und vollgeschlagene Bäuche später geht es direkt weiter. Noch vor dem Fahrerfeld müssen sie in der Kaserne sein, um das Abendessen vorzubereiten.
Bei der Zielankunft wartet bereits der Spießtrupp um Oberstabsfeldwebel Holzmann auf den Verpflegungstrupp und später auf die Radfahrenden. Mit Holzmann reist der Kassenwart Hauptfeldwebel Alexander. Er ist Herr der Finanzen, überwacht die Geldeingänge und prüft alles genau. Dabei gilt das Vier-Augen-Prinzip, damit die Spendengelder auch ordnungsgemäß gezählt, verwaltet und weitergegeben werden.
Auch interne Ausgaben verwaltet er. Die Gelder der Einkäufe müssen eingezahlt und abgerechnet werden. Auch die Snacks für die Fahrradfahrer laufen in der Abrechnung über seinen Tisch. Alexander trägt hier die hohe Verantwortung, dass alle Kosten separat aufgeführt und Spendengelder nicht mit anderen erforderlichen Ausgaben vermischt werden.
Ebenfalls dabei sind die Feldwebel Gerret und Vanessa, Stabsunteroffiziere Julia Laura und Hauptgefreiter Hardi. Sie sind ebenso am Morgen nach der Spendenübergabe zur Zielankunft gefahren und haben die neuen Stuben für die nächste Nacht empfangen. Am Morgen haben sie noch das Gepäck der Sportler verladen und am Nachmittag am neuen Standort entladen und auf die Stuben gebracht. Es ist ein großartiger Service, der durchaus als Luxus begriffen werden kann. Mit Blick auf Etappenlängen von bis zu 180 Kilometern wird jedoch deutlich, dass der anschließende Transport einer Kampftragetasche quer durch die Kaserne und teilweise bis ins dritte Obergeschoss durchaus mühselig werden kann. Darüber hinaus bauen sie den Betreuungsshop auf und ab, in dem der Spieß unter anderem morgens den Kaffee aufsetzt.
Im Ernstfall wären sie auch diejenigen, die einen verunfallten Fahrradfahrer abholen und betreuen könnten. Zum Glück war dies in diesem Jahr nicht notwendig.
Oberstabsfeldwebel Holzmann kann durch diesen Einsatz seines Org-Teams zugleich die dienstjungen Kameradinnen und Kameraden in Planung und Organisation eines solchen umfangreichen Projekts weiterbilden. Es ist daher eine richtige Win-Win-Situation für die Teilnehmenden und für die Flugbereitschaft im Ganzen. Die über 20.000 Euro an Spendengeldern für die „Aktion Sorgenkinder in Bundeswehrfamilien des Bundeswehr-Sozialwerks“ sind daher nicht nur Ergebnis der Radfahrenden – es ist auch dem Org-Team zu verdanken, die immer da, aber selten zu sehen sind.
Text: Hauke Meier