Hilfe mit 60.000 Handys
Heiner Wiemers-Meyer hat 15 Jahre lang alte Mobiltelefone gesammelt und in Spendengeld verwandelt
Von Helmut Michelis
Das Bundeswehr-Sozialwerk (BwSW) lebt von Mitgliedern, die sich auf vielen Ebenen ehrenamtlich für das Gemeinwohl engagieren – und das über ungezählte Stunden hinweg, ohne Aussicht auf persönliche Vorteile. Wir stellen in unserem Mitgliedermagazin einige dieser vorbildlichen Angehörigen der großen „BwSW-Familie“ vor. In Höxter ist Heiner Wiemers-Meyer einer derjenigen, die sich weit über das normale Maß hinaus für Mitmenschen engagieren, nicht nur mit seiner langjährigen und sehr erfolgreichen Spendenaktion „Handysammlung“. Diese Aktion endete jetzt – und geht zum Glück doch weiter.
5.500 Mitglieder für das Bundeswehr-Sozialwerk hat er geworben, 540 Vorträge über das BwSW gehalten – allein diese beiden nackten Zahlen machen deutlich, welch großen ehrenamtlichen Einsatz Hauptmann a.D. Heiner Wiemers-Meyer zeigt und wie viel Freizeit er dafür mittlerweile geopfert haben muss. Wobei ihm dieser Begriff nicht korrekt erscheint: „Das habe ich doch immer gern getan.“ So besuchte er 2007 in Bad Münstereifel eine Freizeit für 30 beeinträchtigte Kinder, zwölf davon im Rollstuhl und mit Kopfschutz. „Ich war zutiefst beeindruckt, wie liebevoll die Betreuer sich um die Sorgenkinder gekümmert haben und wie gut das ihren Schützlingen getan hat. Außerdem kam diese Ferienmaßnahme auch ihren Eltern zugute, die sich endlich einmal eine Auszeit von der kräftezehrenden täglichen Betreuung rund um die Uhr nehmen konnten. Als ich das gesehen habe, da habe ich mich noch mehr angestrengt!“
Halt, noch fehlt die wichtigste Zahl, die für dieses außergewöhnliche Engagement steht: die stolze 60.000. Denn so viele Mobiltelefone hat der gebürtige Westfale im Rahmen seiner Dauer-Spendenaktion in 15 Jahren eingesammelt. 60.000 Handys mit dazugehörigen Batterien und Ladekabeln, oft nur noch Elektroschrott, die aber in der Masse beeindruckende Spenden möglich machen, zumal alte Telefone mehr Edelmetalle enthalten als die heutigen Modelle. Gerade habe er die 50.000-Euro-Marke überschritten, berichtet der ehemalige Berufsoffizier nicht ohne Stolz. „Alte Handys, egal ob defekt oder einfach nur technisch oder modisch veraltet, brauchen nicht zu Hause in den Schubladen zu verstauben, sondern können durch Recycling noch einen guten Zweck erfüllen“, betont der 68-Jährige. „Uneigennütziges Helfen wird doch damit sehr leicht.“
Er sammelte nicht nur Handys, sondern auch Smartphones und Tablets. Rund 390 Kilogramm kamen so alljährlich zusammen. Die Batterien musste er entsorgen, dafür manche Geräte aufbrechen. Vorher klebte er die Kontakte sorgfältig ab: Brandgefahr! Der Schrott wurde dann von einer Firma in Süddeutschland nach Gewicht abgerechnet, wobei Wiemers-Meyer alle zugesandten Geräte vorher überprüfte und manche wieder in Gang setzen konnte. „Etwa jedes zehnte habe ich wieder verkauft. Und da konnte ein funktionierendes Tablet mit Ladekabel schon einmal mehr als 70 Euro für die Spendenkasse einbringen.“ Doch damit das möglich werde, sei es wichtig, dass die Einsender auch die Zugangsdaten wie die Apple-ID bei iPhones mitschickten. „Bei Android-Geräten muss das dazugehörige Google-Konto gelöscht werden, was jeweils 15 Euro kostet.“
Während der Pandemie hatten die Pakete und Päckchen an ihn deutlich zugenommen. „Offenbar haben die Menschen die Zeit genutzt, zu Hause aufzuräumen.“ Der 68-Jährige wunderte sich manchmal, was ihm so alles zugeschickt wurde: TV-Fernbedienungen, Taschenrechner „und sogar zwei Akku-Rasierer und ein Lötkolben“. Ein Kapitän habe ihm sogar drei intakte Funkgeräte eingepackt. „Die werde ich allerdings nicht wegwerfen, sondern auf e-Bay anbieten. Vielleicht findet sich ein Liebhaber dafür.“
In diesem Zusammenhang bittet Wiemers-Meyer nachträglich um Verständnis, dass er sich nicht für jede Sendung einzeln bedanken konnte. „Das war für mich zeitlich leider nicht mehr zu leisten.“ Denn wer glaubt, mit der Handy-Sammlung sei das Engagement des Westfalen für das BwSW umfassend beschrieben, der weiß nicht um die ungeheure Energie, die Heiner Wiemers-Meyer auf gleich mehreren Feldern für „sein“ Bundeswehr-Sozialwerk aufbringt: Seit Dezember 2005 ist er als Regionalstellenleiter für das BwSW aktiv, arbeitete im Zukunftsausschuss mit, reist für Vorträge quer durch die Bundesrepublik („Das Bundeswehr-Sozialwerk muss in der Truppe unbedingt noch bekannter werden“) und hat bislang, noch zwei beeindruckende Zahlen, für die Regionalstelle Höxter 29 Gruppenreisen mit insgesamt 1.524 Teilnehmern organisiert. Seit 2007 sind es jährlich eine bis drei Gruppenreisen, dadurch habe sich der Mitgliederbestand seiner Regionalstelle fast verdoppelt.
„Vor allem die Alleinstehenden jenseits der 65 Jahre freuen sich über den dadurch möglichen Austausch und fragen ständig nach, wann denn endlich die nächste Tour anstehe. Dieses große Interesse ist immer wieder eine Motivation für mich.“ So mussten zu einer Sommertour nach Oberwiesenthal gleich zwei Busse gechartert werden. Für den Krössenbacherhof im österreichischen Bruck liegen gerade aktuell 75 Anmeldungen vor, für das Hotel Lindenhof in Brauneberg 57. Zum dritten Mal soll es außerdem zu den Störtebeker-Festspielen auf Rügen gehen – der Hauptmann a.D. kennt inzwischen wohl fast alle BwSW-eigenen Ferienanlagen genau …
Der ehemalige Offizier, der am 1. Oktober 1975 beim Fernmeldebataillon 6 in Neumünster in die Bundeswehr eingetreten ist, wurde in seiner Dienstzeit vor allem im Kraftfahrwesen verwendet und leitete nach Stationen in Saarlouis, Höxter, Hannover und Hildesheim das Kraftfahrausbildungszentrum im westfälischen Augustdorf mit 65 Mann Stammpersonal. Er war anschließend, so sagt er, „der erste und letzte Fahrschulleiter im ABC-Abwehrbataillon 7 in Höxter“. Zu diesem Verband, ganz in der Nähe seines Wohnortes Höxter-Ovenhausen stationiert, hält er weiterhin engen Kontakt. In der General-Weber-Kaserne darf er eine Halle des Bundeswehr-Dienstleistungszentrums als Zwischenlager für seine Mobiltelefone nutzen und wird von Soldaten und Ehemaligen bei seinen Aktivitäten unterstützt. Seine Handy-Spendensammlung wird auch weiterhin eine Zukunft haben, mit Unterstützung des Bataillons. Der Kompaniefeldwebel der 1./ABCAbwBtl 7, Oberstabsfeldwebel Thorsten Schüler, wird dafür alleinige Postadresse sein. Die Kontaktadresse: KpFw o.V.i.A., 1.Kp/ABCAbwBtl 7, Brenkhäuser Straße 28, 37671 Höxter. Ansprechpartner und federführend bleibt Heiner Wiemers-Meyer!
„Es muss doch weitergehen“, betont Wiemers-Meyer, der 2008 für seine Verdienste mit der selten verliehenen Medaille des Bundesverteidigungsministeriums ausgezeichnet worden ist. „Die Sorgenkinder brauchen doch weiterhin unsere Unterstützung!“ Dies sei für ihn umso wichtiger, als er selbst Vater von zwei gesunden, inzwischen erwachsenen Söhnen und Opa von gleich vier putzmunteren Enkelkindern sei. Vielleicht hat der Pensionär aber jetzt doch etwas mehr Zeit für seine Familie und seine vier großen Hobbys: Rennradfahren entlang der Weser, ausgedehnte Motorradtouren, Borussia Mönchengladbach und das Singen in einem Gospel-Chor.