Ein Sprachführer, der einen sprachlos macht
Von Helmut Michelis
Kinder, wie die Zeit vergeht! Und wie schnell sich alles ändert … Ich habe zu Hause in Vorbereitung des Besuchs im Haus Tiefenbrunn in Algund noch schnell einen Italienisch-Sprachführer aus dem Regal gegriffen – klar, man spricht in Südtirol deutsch, aber sicher ist sicher. Das hilfreiche Büchlein stammt aus dem Jahr 1986, und es finden sich darin für Italien so hilfreiche Sätze wie: Mi mostri il trittico! Zeigen Sie mir das Triptik!
Triptik? Da musste ich erst einmal im Internet nachsuchen, was das wohl heißen könnte: Es handelte sich um eine dreiteilige Bescheinigung zum Grenzübertritt von Wasserfahrzeugen und Wohnanhängern, die seinerzeit bei der Einreise nach Italien vorzuweisen war. Es galt vorher auch den Punkt zu klären: Ci vuole una vaccinazione antivaiolosa. Eine Pockenschutzimpfung ist erforderlich. Für Italien? Aha. Wissen musste man ferner, was Benzingutschein hieß: il buono di benzina. Aus Sorge um einen drastischen Rückgang der Urlauber hatte Italien in der ersten Ölkrise 1973 Benzingutscheine eingeführt, mit denen subventionierter Sprit bezogen werden konnte.
Bei der Zimmersuche sollte man als deutscher Tourist folgende Antwort verstehen: Non abbiamo che un sola doccia in ogni piano. Wir haben nur eine Dusche auf der Etage. Und im Hotel war es wichtig, sagen zu können: Vorrei avere una communicazione interurbana con Bonn – Ich möchte ein Ferngespräch nach Bonn anmelden. Außerdem: Quanto costano dieci parole per Monaco de Baviera per un telegramma–lettera con risposta pagata? Wieviel kosten zehn Worte eines Brieftelegramms mit bezahlter Rückantwort nach München? Da werden die Jüngeren unter uns große Fragezeichen in den Augen haben. Was ist das denn? Da finde ich keine App für mein iPhone.

Toll sind außerdem die Anweisungen für die Bedienung eines Münztelefons oder die folgende perfekt ausländisch formulierte Frage: Vorrei cambiare cento marchi in Lire – Lire? Hat sich durch den Euro erfreulicherweise längst erledigt, zumal eine Deutsche Mark, so erinnere ich mich, grob geschätzt tausend Lire oder mehr gewesen sind – die Umrechnung war jedenfalls etwas für Mathematik-Professoren.
Ich könnte endlos weiterblättern und zitieren, so den damals so wertvollen Satz fürs Fotogeschäft zum Beispiel: Desidero ingrandimenti di ogni buona negativa una copia sette per dieci. Ich möchte von jedem guten Negativ einen Abzug im Format sieben mal zehn haben. Fotos herstellen von einem Negativfilm in der Kamera? Hat man längst nicht mehr. Ein guter Farbfilm hatte seinerzeit 36 Aufnahmen, meine digitale Speicherkarte heute mehr als 800.
Nicht weiter hilft das Büchlein, wenn man heute wissen will, wo das iPad aufzuladen ist, wie das Passwort fürs Internet im Hotel lautet, ob man jemand ein Foto per Bluetooth überspielen soll, wo bleifreies Benzin oder CD-Roms erhältlich sind, ob man Luftaufnahmen mit einer Drohne machen darf oder wo ein verlorenes Ladekabel für das Handy neu zu kaufen ist. Da klaffen offenkundig Welten – in nur dreieinhalb Jahrzehnten.
Glücklicherweise hat sich eines nicht geändert: das Erholungsangebot des BwSW mit seinen attraktiven Angeboten für jedermann. Dabei hat es immer mit der Zeit Schritt gehalten. Gut so und mille grazie!