Der Mann der tausend Ideen

22. Dezember 2021 News Bereich Ost

Regionalstellenleiter Jens Hahn und sein unermüdliches Engagement für das Bundeswehr-Sozialwerk

Das Bundeswehr-Sozialwerk (BwSW) lebt von Mitgliedern, die sich auf vielen Ebenen ehrenamtlich für das Gemeinwohl engagieren – das über ungezählte Stunden hinweg und ohne Aussicht auf persönliche Vorteile. Wir stellen in unserem Mitgliedermagazin einige dieser vorbildlichen Angehörigen der großen „BwSW-Familie“ vor. In Berlin ist Stabsfeldwebel Jens Hahn einer derjenigen, die sich weit über das normale Maß hinaus für Mitmenschen in Not engagieren.

Von Helmut Michelis

Ohne Persönlichkeiten wie Stabsfeldwebel Jens Hahn wäre das Bundeswehr-Sozialwerk nicht nur in finanzieller Hinsicht ärmer. Der 52-Jährige ist mittlerweile in Berlin durch seine Aktivitäten so bekannt, dass er auf offener Straße in strömendem Regen von einem Hauptmann lautstark aufgefordert wurde, er möge doch schleunigst zu ihm herüberkommen: „Wo Sie sind, scheint doch die Sonne!“

Das BwSW-Motto „Hier scheint die Sonne!“ lebt der gelernte Verpflegungsfeldwebel auf zahlreichen Ebenen und sprudelt dabei stets vor Ideen: Wenn am Kasernentor ein Kupferkessel zum Spenden von Kupfermünzen animiert, ein Basar mit Büchern oder Schallplatten stattfindet oder eigens angefertigte schicke Tarndruck-Taschen für einen guten Zweck angeboten werden, dann steckt im Zweifelsfall mal wieder der Regionalstellenleiter Berlin-Nord des BwSW dahinter. Und über den Erlös können sich viele Menschen freuen, die dringend Hilfe benötigen – wie eine verzweifelte Soldatenfamilie, die durch einen Brand fast alles verloren hatte. Dabei arbeitet Jens Hahn eng und vertrauensvoll mit der örtlichen Kindertagesstätte „Wilde Wiese“ und dem Sozialdienst der Bundeswehr zusammen. „Das ist sinnvoll und hat sich bewährt.“

Jens Hahn ist 1991 beim Jägerbataillon 371 in Marienberg im sächsischen Erzgebirgskreis Zeitsoldat geworden. Sein Weg zum BwSW verlief ganz anders als bei der Mehrzahl der Mitglieder: Als Verpflegungsgruppenführer des Bataillons nahm er bei öffentlichen Veranstaltungen wie Volksfesten oder Jahrmärkten durch seine Feldküche häufig ein „Trinkgeld“ ein, das er sinnvoll verbuchen musste. „Wohin damit? Auf der Suche nach einem Nutznießer bin ich schnell auf das Bundeswehr-Sozialwerk gestoßen.“ Daraus wurde für Jens Hahn bald mehr, spätestens, nachdem der Stabsfeldwebel eine der Freizeiten für beeinträchtigte Jugendliche besucht hatte. „Deren offene und ehrliche Dankbarkeit hat mich zutiefst beeindruckt.“ So wurde die Sammelbüchse zu seinem „Hauptwaffensystem“, das er, ob beim Nijmegen-Marsch oder beim Flugplatzfest in Gatow, immer „am Mann hat“. Den Überblick, wie viele tausend Euro er seitdem für den sozialen Zweck sammelte, hat er längst nicht mehr, findet aber solche Erfolgszahlen an sich auch nicht wichtig. Dokumentiert ist allerdings, dass er allein 2019 und 2020 insgesamt knapp 15.000 Euro auf das Konto des BwSW überweisen konnte.

Größere Summen hat Jens Hahn über die Jahre hinweg durch seinen permanenten Bücherbasar im Tagungszentrum der Julius-Leber-Kaserne zusammenbekommen, wo er längere Zeit als Verpflegungsfeldwebel arbeitete. Diese Kaserne ist die größte Liegenschaft der Bundeswehr in der Hauptstadt und beherbergt 36 Dienststellen sowie das Wachbataillon und das Stabsmusikkorps. „Da ist bei Kongressen, Vorträgen und Empfängen die Welt zu Gast. Die Besucher wollen auch einmal abschalten und finden in meiner Bücherecke Lesestoff zur Entspannung.“ Der Begriff „Bücherecke“ scheint dabei ein wenig untertrieben: Im Foyer, in den Gängen und den Gesellschaftsräumen der ehemaligen Offizierheimgesellschaft sind alle freien Abstellflächen belegt und laden zum Schmökern ein.  

Es verwundert nicht, dass Hahn diese Idee gleich weiter ausbaute – mit „Buchfreundschaften“. Er hat inzwischen einen festen „Kundenstamm“ von Soldatinnen und Soldaten sowie von zivilen Beschäftigten, die ihm ihre speziellen Interessengebiete mitgeteilt haben. Dafür sammelt der Stabsfeldwebel in Kartons mit Namenschildern gezielt Lektüre – großzügige Spenden für das BwSw sind ihm so garantiert. Der Stabsfeldwebel erinnert sich, wie er einem Offizier sogar ein Soldatengesangs- und gebetbuch aus dem Jahr 1797 anbieten konnte. „Da waren die Freude und die Spende natürlich besonders groß.“

Jens Hahn arbeitet jetzt bei der Bundeswehr als freigestelltes Personalratsmitglied und Gruppensprecher für die Tarifbeschäftigten. Auch diese Kontakte nutzt er für sein ehrenamtliches Engagement, „wenn sich die Möglichkeit ergibt, zum Beispiel durch den Aufbau eines Info-Standes“. Gegenüber hohen Offizieren und Beamten könne er durch seine Personalratstätigkeit ganz anders auftreten, als dies normalerweise möglich ist. „Ich bin ja auch viel unterwegs.“ So beobachtete er zufällig in der Truppenküche der Julius-Leber-Kaserne, wie EPa’s, die Ein-Mann-Packungen Einsatzverpflegungen, wegen des nahen Mindesthaltbarkeitsdatums geöffnet und zu den Mahlzeiten angeboten wurden. Daraus entstand gleich die nächste Aktion: „Ich habe gefragt, ob ich solche EPa’s nicht übernehmen und gegen eine Spende anbieten kann.“ Es galt zunächst, bürokratische Hürden und juristische Bedenken zu überwinden. Aber dann fanden die Packungen erwartungsgemäß reißenden Absatz.     

„Sein“ Bundeswehr-Sozialwerk schätzt Stabsfeldwebel Hahn auch deshalb, „weil jeder Euro zu hundert Prozent bei den Betroffenen ankommt“. Umso mehr ärgert er sich, wenn er bei der Mitgliedergewinnung viel Überzeugungsarbeit leisten muss. „Wir sind eine ganz wichtige Solidargemeinschaft. Aber speziell Neulinge meinen oft, ich bin doch noch jung, da kann mir gesundheitlich nichts passieren. Warum soll ich also beitreten?“ In solchen Fällen seien leider jeweils „dicke Bretter zu bohren“.     

Bleibt dem vielfältig engagierten Soldaten überhaupt noch freie Zeit für ein Hobby? Doch, so berichtet Jens Hahn, aber es muss natürlich bei ihm ebenfalls einen sozialen Hintergrund haben. So unterstützt er die Freiwillige Feuerwehr Wedding, zum Beispiel beim Pfingstzeltlager der Jugendfeuerwehr. Und da er schon einmal Küchenmeister ist, springt er im Urlaub auch mal mit diesem Wissen für das Bundeswehrwehr-Sozialwerk ein – zuletzt, als im Haus am Werlsee in Grünheide ein Engpass in der Küche drohte. Sein unermüdliches Engagement kommentiert er bescheiden so: „Das ist mir weniger Verpflichtung als echte Herzensangelegenheit. Ich bin ein glücklicher Mensch und teile das nur zu gern.“